Der allgemeinverständliche Vortrag von Prof. Ernstson, der für eine anschließende Diskussion offen ist, widmet sich der Geschichte der Entdeckung und dem gegenwärtig neusten Stand der geologischen, mineralogisch-petrographischen, geochemischen und geophysikalischen Erforschung dieses für Deutschland ganz bemerkenswerten Impakt-Ereignisses. Die Sonderausstellung umfasst ein Dutzend sehr großformatiger Poster zum Thema Saarland-Impakt im Rahmen der internationalen Impaktforschung, sowie eine Präsentation in Vitrinen von „einschlägig“ charakteristischen Impaktgesteinen aus dem weitflächigen Saarland-Impaktareal in Gegenüberstellung zu Impaktiten aus vielen anderen Impakt-Strukturen weltweit.
Die schwarze Impakt-Schicht von Nalbach und erste elektronenmikroskopische Analysen (REM-EDX)
Was ist Spinifex? Spinifex, nicht zu verwechseln mit den vor allem in Australien vorkommenden Süßgräsern, ist ein Begriff aus der Mineralogie. Spinifex-Gefüge bzw. Spinifex-Strukturen sind faserige, skelett-, nadel- bis lamellenartige Kristallformen, die beim Abschrecken von Gesteinsschmelzen entstehen. Ursprünglich in der Vulkanologie bei Komatiiten beschriebenes Gefüge, tritt der Begriff vermehrt auch bei der Beschreibung von Impakt-Schmelzgesteinen auf. Besonders signifikant ist ein Spinifex-Gefüge beim Abschrecken und der Rekristallisation von Karbonat-Schmelzen zu beobachten.
Spinifex-Gefüge von Schmelzgesteinen aus dem Rubielos de la Cérida Impaktbecken des multiplen Azuara Impaktereignisses in Spanien. Links Silikatschmelze mit Glasspherulen; mitte, rechts: Karbonatschmelze.
Mehr Spinifex-Gefüge werden u.a. von den Impakt-Strukturen von Rochechouart, Charlevoix, Paasselkä, Suvasvesi und interessanterweise bereits sehr früh vom Suevit des Nördlinger Rieskraters beschrieben.
Die schwarze Impaktschicht von Nalbach
Abb. 1. Der frische, von Werner Müller entdeckte Aufschluss in Nalbach.
Abb. 2. Nahaufnahme der Impakt-Schichtlagerung: die schwarze Schmelzgesteinsschicht über Diamiktit (grob unsortiertes Gemisch aus kantig gebrochenen und gerundeten Komponenten) über polymikter Impakt-Brekzie (Pfeile).
Proben für die Untersuchungen bei Carl Zeiss Microscopy GmbH, Oberkochen, (Dr. M. Hiltl).
Abb. 3. Etwas größere, leicht blasige Glaskomponente aus der schwarzen Schicht.
Abb. 4. Die feinkörnige Fraktion der Grundmasse der schwarzen Schicht.
Abb. 5. REM-Aufnahmen der Glasprobe mit Spinifex-Gefüge.
Abb. 6. REM-Aufnahme der feinkörnigen Grundmasse der schwarzen Impakt-Schicht (unten Ausschnittsvergrößerung). Bei einem Großteil der mikrometer-großen Partikel handelt es sich offensichtlich um abgeschreckte Gläser, worauf auch hier das charakteristische Spinifex-Gefüge hinweist.
Einige EDX-Elementanalysen und Spektren
Abb. 7. EDX-Element-Analyse für das Spektrum 4-Fenster (oben) der großen Glasprobe. Eine eindeutige Mineral-Zuordnung findet sich nicht, was bei einem Glas auch nicht verwundern muss. Am ehesten findet sich eine Zuordnung zu Wollastonit, also einem Calcium-Silikat CaSiO3, das im Kontakt Calcit – SiO2 entsteht. In diesem Fall könnten Calcium-Plätze durch Eisen, Aluminium, Magnesium, Kalium und Mangan ersetzt sein, was beim Wollastonit vorkomen kann (Wikipedia). Die Spektren 3 und 5 sind sehr ähnlich. – Spinifex-Wollastonit in Form des Hochtemperatur-Pseudowollastonits in einem partiell geschmolzenen alpinen Kieselkalk aus der Tüttensee-Impaktkatastrophenschicht des Chiemgau impaktes zeigt Abb. 8.
Abb. 8. Spinifex-Gefüge von Hochtemperatur-Pseudowollastonit in einem Kieselkalk-Schmelzgestein des Chiemgau-Impaktes.
Abb. 9. EDX-Spektrum eines Einzelkorns aus der Grundmasse. Die Zusammensetzung ist ähnlich der des größeren Glaspartikels (Abb. 7), also ganz grob in Richtung Wollastonit, bei dem Ca-Plätze durch andere Elemente ersetzt sind.
Abb. 10. Zwei Spektren (16, 17) von Partikeln aus der Grundmasse mit wiederum ähnlichem Elementbestand, aber stark angereichertem Eisen. Mineral-„Cocktail“ oder unbekannte Mischkristalle?
Weitere Untersuchungen werden folgen.
Eine allererste Interpretation auf dieser Basis fasst zusammen: Im relativ einheitlichen Elementbestand von ca. 20 EDX-Spektren dominieren Si, Ca, Fe und O mit meist wenigen Gewichtsprozenten von Mg, Al und Mn und Spuren anderer Elemente. An manchen Stellen stellt Fe das dominierende Element. Es könnte im Zusammenhang mit der deutlich erhöhten Magnetisierung der schwarzen Schicht zusammenhängen, ohne dass z.B. Magnetit, Wüstit oder Maghemit als magnetische Minerale in den Spekten direkt angsprochen werden können. Lässt man das Eisen außeracht, zielen die Analysen in Richtung Ca-Silikate, die beim Impakt aus einer Reaktion von Kalkstein mit quarzhaltigen Gesteinen (Muschelkalk – Buntsandstein?) in einer Art Wollastonit-Reaktion bei > 600°C entstanden. Dabei könnten auch auf den Ca-Plätzen des reinen Wollastonits die Elements Fe, Mg, Al, Mn eingebunden worden sein. Das ist noch sehr spekulativ und ist weiteren Untersuchungen vorbehalten.
In dieser jüngst entstandenen Baugrube in Nalbach (Bilder unten) fiel dem mittlerweile wohlbekannten Nalbacher Heimatforscher und Entdecker des Saarland-Impaktes Werner Müller beim Vorbeifahren spontan diese besonders auffällige Gesteinsschichtung auf. Für ihn war es bei seiner mittlerweile ausgeprägten Impakt-Kenntnis rasch klar, das hier ein Dokument des ausgedehnten Impaktes zur Ablagerung gekommen sein musste. Er informierte umgehend Prof. Ernstson von der Universität Würzburg, Autor und Mitautor von mehreren Veröffentlichungen zum Saarland-Impakt und Bearbeiter der Krater und Impakt-Gesteine, der den Befund allein nach den Fotografien und Werner Müllers genauer Beschreibung als impakt-bezogen einordnete. Eine Auswahl charakteristischer Proben (siehe die Bilder unten) ist bereits auf dem Weg zum Prof. Ernstson, der die üblichen Analysen veranlassen wird.
Wir werden weiter berichten.
Der Aufschluss in der Baugrube in Nalbach mit der auffälligen schwarzen kohligen Schicht über einer Gesteinstrümmerschicht (der Geologe würde sagen: ein Diamiktit).
Ausschnittsaufnahme des relativ scharfen Kontaktes zwischen den Schichten.
Nahaufnahme mit der Trümmerschicht aus Geröllen und scharfkantig gebrochenen Gesteinen.
Dreifachschichtung: Kohlige Schicht über Diamiktit über einer polymikten Brekzie (Pfeile).
Locker brekziöse Masse, aus der die schwarze Schicht besteht. Auffällig ist der starke Magnetismus der Masse.
Gröbere Partikel, von Werner Müller aus der schwarzen Masse geborgen und beschriftet.
Saarlouis/Nalbach-Impakt auf der Lunar & Planetary Science Conference (LPSC) 2022.
Auf der diesjährigen hybriden LPSC in The Woodlands (Texas) wurden wiederum (peer-reviewed) Beiträge zum Saarlouis/Nalbach-Impakt akzeptiert und die iPoster in der Gallery publiziert. Die Titel und Autoren sind:
Die unfangreichen iPoster können über die Titel angeklickt und mit Scrollen und Bild-Anklicken „durchforstet“ werden:
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Über den vielleicht bemerkenswertesten Befund geben wir hier nachfolgend eine kleine „Hinführung“ zum iPoster:
Impakt-Shatter Cones vom Litermont – Saarlouis/Nalbach-Impakt auf der Lunar & Planetary Science Conference (LPSC) 2022
Auf der diesjährigen hybriden LPSC in The Woodlands (Texas) wurde ein (peer-reviewed) Beitrag zum Saarlouis/Nalbach-Impakt in der iPoster Gallery publiziert, der primär auf Funde und Beobachtungen der Kollegen von der Universität Luxemburg zurückgeht.
Das vollständige unfangreiche iPoster kann hier angeklickt und mit Scrollen und Bild-Anklicken „durchforstet“ werden:
[Shatter cone-Bruchflächenmarkierungen in Quarzit-Blöcken vom Litermont. Für die Fotografie: Die Verwitterung der alten Bruchflächen hat die Pferdeschwanz-Strukturen verstumpft (Pfeile). Was von Shatter Cones in anderen Impakt-Strukturen bekannt ist, sieht man auch hier in Form individueller Kegel in vielfacher Überlagerung.]
[Nahaufnahme einer Shatter Cone-„Pferdeschwanz“-Struktur im Quarzit vom Litermont.]
[Einzener Shatter Cone in Quarzit aus dem Litermont-Gelände. Shatter Cones in grobkörnigen und inhomogenen Gesteinen können auch relativ grobe Strukturen aufweisen. Rechts: Zum Vergleich solcher Strukturen sind Shatter cones aus verschiedenen anderen Impakt-Strukturen und in unterschiedlichen Lithologien (Sandsteine, Quarzite, Kristallin) gezeigt.]
Das iPoster von der Dezember-Tagung der American Geophysical Union (AGU Fall Meeting) zum Bodenradar beim Saarlouis-Impakt kann HIER angeklickt werden. Tipp: alle Scroll-Möglichkeiten nutzen!
Die in jüngster Zeit überraschenderweise in Deutschland (und in Tschechien) dokumentierten jungen pleistozänen und/oder holozänen Meteoriten-Impaktstreufelder (Chiemgau-Impakt, Niederrhein-Impakt und unser hiesiger Nalbach/Saarlouis-Impakt) haben, wie zu erwarten, zu viel unqualifizierter Opposition von selbsternannten Internet-„Experten“, aber leider auch von einigen wenigen Wissenschaftlern geführt, worüber wir berichtet haben. Beliebter „Angriffspunkt“: Impaktfunde und Impaktbefunde werden allesamt als Misinterpretationen von industrieller und allgemein anthropogener Tätigkeit dargestellt: Der Chiemit-Impaktit ist Koks, Impaktgläser mit stark geschockten Gesteinseinschlüssen sind aus der Industrie, Krater sind Dolinen oder Toteislöcher, Schmelzgerölle stammen aus Kalkbrennöfen, seltenste Eisensilizid-Minerale wie der Mond-Hapkeit aus Dünger-Brennöfen usw.
Beliebtes „Alles-in-einen-Topf-Werfen“, gerade in industriell geprägten Landstrichen, betrifft Schlacken und schlackeartiges Material., das nach den selbsternannten „Experten“ selbstverständlich aus der Industrie stammt, ohne dass realisiert wird, dass Schlacken nicht nur aus Hochöfen stammen, sondern ein allgemeiner, nur beschreibender Begriff ist, der ebenso vulkanische und vor allem auch Impakt-Schlacken einbezieht. Da diese Auseinandersetzung beim Niederrhein-Impakt unschöne Fomen mit Einbeziehung dortiger Geologen angenommen hat, findet sich jetzt ein Internetbeitrag, der den Versuch startet, dieser unsinnigen Konfrontation ein Ende zu bereiten. Der Beitrag dürfte auch für die Diskussion um den Saarland-Impakt aufschlussreich sein.
13.-17. Dezember Tagung der American Geophysical Union (AGU) – ein kleiner Vorgeschmack zum Beitrag über die Bodenradar-Messungen über den Ringwall des Saarlouis-Impaktkraters.
Der hier schon früher angekündigte Beitrag zum weltweit vermutlich größten und bedeutendsten geowissenschaftlichen Kongress wird als interaktives Online-Poster in der Galerie des Tagung zu sehen sein und später im Internet veröffentlicht.
Beim Anklicken des Bildes öffnet ein PDF das Radargramm, auf dem man die gesamte Strecke entlang wandern kann, wobei durch Scrollen abschnittsweise auch viele Details anzuschauen sind. Da sieht auch der geologische Laie, dass hier nicht der Mittlere Buntsandstein in seiner normalen stratigraphischen Position anstehen kann.
Anlehnung an Wikipedia: Osbornit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der Elemente (einschließlich natürliche Legierungen, intermetallische Verbindungen, Carbide, Nitride, Phosphide und Silicide) mit der chemischen Zusammensetzung TiNund ist damit chemisch gesehen Titannitrid.
Osbornit kristallisiert im kubischen Kristallsystem, konnte jedoch bisher nur in Form von mikroskopisch kleinen, oktaedrischen Kristallen bis etwa 0,1 mm Größe entdeckt werden. Osbornit ist ein typisches Meteoritenmineral, das bisher in 14 Meteoriten nachgewiesen wurde. Bekannt sind nur zwei rein irdische Fundorte: Ein Erzkörper in Tibet und ein Fundort in Bahia (Brasilien).
Osbornit im Streufeld des Saarland-Impaktes
Im Zuge der Geländeaufnahme und Erforschung des Saarland-Impaktes (Nalbach, Saarlouis) hat der hier wohlbekannte Werner Müller bereits vor einigen Jahren einen besonderen Gesteinstyp entdeckt, der nach ersten mikroskopischen Untersuchungen (optisch und elektronenmikroskopisch) typische Merkmale eines Meteoriten aufwies, wobei sich ein Zusammenhang mit dem Nalbach/Saarland-Impakt aufdrängte, der seinerzeit bereits durch den reichhaltigen und weit verbreiteten Nachweis sämtlicher gängiger, in der Forschung allgemein anerkannter Impakt-Befunde als erwiesen angesehen war (wovon die Webseite hier eindrucksvoll Zeugnis ablegt).
Ehe wir mit den nachfolgenden Abbildungen und den Erläuterungen zu den neuen Erkenntnissen beginnen, muss der vielleicht verständliche Wunsch nach Preisgabe des Fundortes aus ebenfalls verständlichen Gründen abschlägig beschieden werden.
Abb. 1. Anschnitt der untersuchten Probe. Probenform, Aussehen und Größe bleiben vorerst „unter Verschluss“.
Abb.2. Elektronen-mikroskopisches Bild eines Ausschnitts. 60 µm Maßstab unten rechts. Chondritisches Gefüge, wie es von meteoritischen Chondriten bekannt ist.
Abb.3. Derselbe Ausschnitt in elektronen-mikroskopischer REM-EDX Element-Überlagerung.
Abb. 4. Summen-Spektrum des Ausschnitts von Abb. 3.
Abb.5. Quantitative Analyse des Spektrums. Die Hauptbestandteile sind Eisen Fe, Sauerstoff O und Kohlenstoff C. Am ehesten lässt sich eine Fe – O Verbindung ableiten, was eventuell auf das Mineral Wüstit FeO deuten kann, das vor allem in Meteoriten und in Schlacken vorkommt. Ob möglicherweise Hämatit oder Magetit dabei sind, muss sich noch erweisen. In Meteoriten sind Hämatit und Magnetit so gut wie unbekant. Eine weitere Komponente könnte Eisencarbid Fe3C sein, das als das Mineral Zementit bekannt ist und in Verbindung mit Nickel und Cobalt dem meteoritischen Mineral Cohenit entspricht. Für Fe3C spricht die Beobachtung, dass Teile der gesägten und polierten metallischen Fläche mit der Zeit eine Messingfarbe annehmen. Alle anderen Elemente haben eine Atom-Masse unter 1%.
Abb. 6. Farb-Bilder für die ausgewählten Elemente Eisen, Sauerstoff und Silizium. Die Korrespondenz von Fe und O in den Chondren und der randlichen Matrix stützt die Annahme von meteoritischem Wüstit. In diesen Komponenten gibt es praktisch kein Silizium, also auch keine silikatischen Minerale.
Der Osbornit – Bilder und Erläuterungen
Bei der Neusichtung der elektronenmikroskopischen Aufnahmen und Analysen im Vergleich mit Proben des Chiemgau-Impaktes ergab sich die Überraschung des unzweifelhaften Nachweises des sehr seltenen und auf der Erde praktisch nur in aufgefundenen Meteoriten nachgewiesenen Minerals Osbornit. Zusammen mit den meteoritischen Mineralen Titancarbid und möglicherweise (vermutlich?) Wüstit bestätigt sich, dass die ursprüngliche Vermutung von direkter Beteiligung von verbreitet meteoritischem Material im Saarland-Impaktstreufeld sich als richtig erwiesen hat.
Abb. 7. Elektronenbild eines kleinen Ausschnitts der hier diskutierten Probe mit drei nur wenige Mikrometer großen etwa quadratischen Einschlüssen, von denen die zwei mit Pfeilen versehenen detailliert analysiert wurden. Die vielen sich kreuzenden Linien sind ein Artefakt, das beim Polieren der Fläche entstand.
Abb. 8. Kristall von Abb. 7 mit kubischer Kristallstruktur und chemischer Zusammensetzung aus Titan, Stickstoff und Kohlenstoff (Abb.9 und Abb. 10). Daraus lässt sich praktisch allein ein homöotyper Mischkristall aus Osbornit (Titannitrid) TiN und Titancarbid TiC herleiten, die beide dem kubischen Kristallsystem angehören. TiC gibt es auf der Erde praktisch nicht und ist nur in einer Kombination mit Vanadium und Eisen als das Mineral Khamrabaevit (Ti,V,Fe)C an wenigen Stellen nachgewiesen worden. Als meteoritisches Mineral ist es seit einigen Jahren verbreitet im Kraterstreufeld des Chiemgau-Impaktes analysiert worden.
Ein vermutlich besonderer „Bonbon“: Mischkristalle aus Osbornit und TItancarbid werden hier offenbar zum ersten Mal beschrieben.
Abb. 9. Spektrum der Messung am Kreuzpunkt der Abb. 8.
Abb. 10. Quantitative Analyse des Spektrums in Abb. 9.
Abb. 10. Der zweite kubische Mischkristall aus Osbornit und Titankarbid mit etwas eingelagertem „Fremdmaterial“ aus Mangan und Eisen.
Abb. 11. Spektrum der Messung am Kreuzpunkt der Abb. 10.
Der bunte „Zoo“ von Impakt-Gesteinen (Impaktiten) des Saarland-Impaktes hat wieder Zuwachs bekommen. Stefan Michelbacher vom Verein für Heimatforschung mit Historischem Museum Wallerfangen, seit geraumer Zeit in „Sachen Impakt“ unterwegs, hat aus dem Raum Wallerfangen und, angeregt durch die jüngsten Bodenradar-Messungen über den Ringwall des Saarlouis-Kraters, im Umfeld von Beaumarais reichlich neue charakteristische Impakt-Funde zusammengetragen, die die Impakt-Genese des Saarlois-Krarers weiter untermauern.
Sorgfältig präpiert von Werner Müller für Farbscanner-Abbildungen präsentieren wir hier die Zusammenstellung einer Auswahl der neuen Proben mit einer kurzen vorläufigen Beschreibung. Detaillierteres werden wir dann erfahren, wenn die geplanten Gesteinsdünnschliffe für das Polarisationsmikroskop und gegebenfalls für das Elektronenmikroskop vorliegen.
Vorläufige Kurzbeschreibung
1 Brekzie mit brekziierten Quarzit-Fragmenten (Brekzie-in-Brekzie) in einer Brauneisen-Hämatit-Matrix – 2 blasige Gesteinschmelze mit reliktischem Quarzkorn-Gefüge und grün-schwarzer Glashaut-Ummantelung. Die Temperaturen beim Schmelzen des vermuteten Sandsteins waren gerade so hoch, dass außer dem Quarz alle anderen Minerale (Feldspäte z.B.) zu blasigem Glas wurden. – 3 Quarzit-Brekzie mit eingedrungenen Brekzien-Gängen – 4 Gesteinsschmelze ähnlich 2 mit grüner Glashaut und grünem Glaseinschluss -5 polymikte Brekzie mit drei Brekzien-Generationen (typisch Impakt), darunter Schmelzgesteins-Partikel des Typs 2, 4. – 6 polymikte Schmelzgesteinsbrekzie (Suevit?) – 7 quarzit-dominiertes helles Schmelzgestein mit schwarzer Schmelzgesteins-Ummantelung – 8 homogenes, leicht blasiges schwarzes Glas – 9 amöbenartige eisen-metallische Partikel in Schmelzgesteinsbrekzie (meteoritisches Eisen?) – 10 polymikte Brekzie mit groben Brekzien-Komponenten in fein-brekziöser Matrix – 11 Muschelkalk-Kalkstein, vermutlich von den westlichen und nordwestlichen Höhenrücken beim oder nach dem Impakt herunter-geschwemmt.
Kord Ernstson, Andreas Gawlik-Wagner, Werner Müller, Jens Poßekel: Anatomy of an impact crater rim wall from selected ground penetrating radar (GPR) measurements – the Saarlouis (Germany) impact case [Anatomie eines Impaktkrater-Ringwalls mit ausgewählten Bodenradar-Messungen – der Fall des Saarlouis-Impaktes]
Wir erinnern uns: Seit wenigen Jahren gilt die ganz besondere geomorphologische Situation mit einer perfekt halbkreisförmigen Wall-Struktur am Westrand von Saarlouis als durch einen Großmeteoriten-Impakt entstanden, worüber bereits auf der Tagung der LPSC (Lunar & Planetary Science Conference) 2018 berichtet wurde. Diese ganz ungewöhnliche Halbstruktur, die geologisch und geomorphologisch keine andere Erklärung zulässt, muss als das Relikt einer ursprünglich vollständigen Impakt-Kraterstruktur mit einem Durchmesser von 2,3 km betrachtet werden, die von der Saar angeschnitten und weitgehend ausgeräumt wurde und dann als Auffangbecken für die heute zu kartierende Niederterrase diente.
Abb. 1. Die Topographie des Saarlouis-Halbkraters im Digitalen Geländemodel. Durch die höchsten Stellen des Ringwalles lässt sich ein perfekter Kreisabschnitt ziehen
Abb. 2. Die aus dem Digitalen Geländemodell entnommenen Höhenprofile (oben rechts) über den Ringwall haben die typische Form, wie man sie von vielen anderen Impakt-Kratern kennt: innen steiler Abbruch und nach außen ein flacher Abfall. Es bereitet ziemliche Schwierigkeiten, diese Saarlouis-Struktur mit einem anderen geologisch-geomorphologischen Modell überzeugend zu erklären.
Soviel zum bisherigen Kenntnisstand über den Saarlouis-Impaktkrater. Auf neuste Erkenntnisse (Stand Anfang August 2021) zur Erforschung des Krater-Ringwalls soll hier kurz eingegangen werden mit einem Blick in die obersten Ablagerungen der Krater-Auswurfmassen mit einem über 1 km langen Bodenradar-Profil (Abb. 3, 4).
Abb. 3. Digitales Geländemodell (3D) mit dem Verlauf des 1,2 km langen Bodenradar-Profils vom Kraterrand etwa radial nach außen. Auf dem rot markierten Abschnitt wurde das Radargramm der Abb. 4 gemessen.
Abb. 4. Ein 60 m langer Abschnitt des Bodenradar-Profils in etwa 1 km Entfernung vom Kraterrand. Zwei Dinge sind besonders zu erwähnen: eine oberste, hier noch etwa 5 m mächtige Lage aus Auswurfmassen mit einem Haufwerk von Gesteinsblöcken, sowie eine durchgehend wellenförmige Kompression der darunter liegenden Buntsandstein-Schichten. Man muss sich diese Kompression durch die vom Impakt-Punkt nach außen gehenden Schockwellen extremer Drücke erklären. (Eine Überhöhung ist zu beachten!) Eine normale Buntsandstein-Schichtfolge der Region sieht nicht so aus, und zweifellos haben wir hier einen weiteren Beleg für die Realität eines Saarlouis-Impaktkraters.